Ein Buch zum Weglaufen

Es steht schon lange auf der persönlichen Wunschliste: Einfach mal den Rucksack packen und anstatt sich auf die klassische Wander- bzw. Trekkingtour zu begeben sich als Pilger neu zu entdecken. Der Fotograf Martin Engelmann hat soeben im Tyrolia Verlag eine Lektüre vorgelegt, die auf 224 Seiten mit 248 farbigen Abbildungen Lust auf den noch immer eher wenig bekannten Franziskusweg in Italien macht. „Zu Fuß nach Rom“ ist auf jeden Fall ein grandioses Buch zum Weglaufen.

3 Jahre lang hat der Autor in diesem Buch gearbeitet. Glücklicherweise musste er nicht so lange laufen. Beruhigend zu erfahren, dass Martin Engelmann auf dem 642 km langen Franziskusweg dann doch "nur" 36 Tage lang unterwegs war - und das in mehreren Etappen. Von Florenz nach Rom führte ihn die Strecke, die er selbst als Pilgerweg beschreibt, auch wenn ihn keine religiösen, spirituellen Absichten dahinter begleiten. Die Lust am Wandern und das Bedürfnis, neue Energie zu tanken waren Motivation genug, sich in mehreren Etappen auf den Weg zu machen und die Magie des Pilgerwegs fotografisch festzuhalten. Und das ist ihm gelungen. Engelmann nimmt uns mit auf eine Reise, etappenweise, 36 mal schlagen wir das Buch auf und sehen, was den Pilger dieses Weges auf einer Tagestour erwarten kann. Warum "kann"? Nun, wie es sich für ein derartiges Buch wohl ziemt, werden die Motive auf dem Weg bei bestem Tageslicht fotografiert -  und das ist selbst in der Dämmerung vom Sonnenlicht gestiftet und definitiv nicht von Regenwolken bedroht. Das kennen Pilger anders. Aber das Buch soll ja Lust auf mehr machen, Interesse wecken. Sei's drum.

Aufgrund seiner „kritischen Distanz zur kirchlichen Institution“ und einer „mangelnden religiösen Sozialisation“ sieht sich der Autor auf seinem Weg als Wanderer – nicht als Pilger. Das merkt man dem Buch an. Allerdings ist dies kein Makel sondern fast schon ein erfrischender Umstand angesichts der bisweilen auch pseudoreligiösen Pilgerbuchschwemme der vergangenen Jahre. „Zu Fuß nach Rom“ beschreibt eben nicht nur die (ohnehin historisch nicht mehr nachvollziehbare) Route des heiligen Franziskus, der sich - was wiederum ausser Zweifel steht - im Jahre 1209 mit zwölf seiner Gefährten auf den Weg nach Rom zu Papst Innozenz III. machte; mit dem Buch reist der Leser (besser: Betrachter) auch durch das Land von Leonardo Da Vinci, Galileo Galilei, Michelangelo, Dante Alighieri und anderen Weltveränderern, denen man auf dem beschriebenen Weg noch heute begegnen kann. Wer sich auf die 248 farbigen Abbildungen und den einfühlsamen, von Anna Maria Stiefmüller verfassten Texten einlässt, der wird wohl im Anschluss daran ein passendes Zeitfenster im eigenen Kalender und einen guten Outdoorladen suchen.